Warum clevere Menschen ohne Wein nicht leben können…

Milos Michlovsky über das Weinland Tschechien, seine Liebe zum Rebstock und „Terroir aus der Tiefe“…

Mit einer verhältnismäßig kleinen Rebfläche von ca. 18.500 Hektar ist das Weinland Tschechien auf der Böhmisch-Mährischen Höhe gelegen – einem kristallinen und stark abgetragenen Urgebirge, das sich im Westen bis nach Deutschland und im Osten bis in die Slowakei erstreckt. Die Rebflächen konzentrieren sich im Süden des Landes, nahe der Grenze zu Österreich, wo subkontinentales Klima den Weinbau begünstigt. Südmähren, das mit 94 Prozent der landesweiten Rebflächen die bedeutendste Weinregion ausmacht, konzentriert seine Weinbaugebiete um den Fluss Thaya sowie die Städte Velké Pavlovice, Mikulov, Znojmo, Hustopeče und Šatov und die Region Slovácko. Das wesentlich kleinere Weinbaugebiet Mittelböhmens konzentriert sich an der Elbe, rund um die Städte Litoměřice und Mělník.

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Wie seine Nachbarländer Deutschland, Österreich und Slowakei blickt Tschechien auf eine lange Weinbautradition zurück; in Mähren wird der Weinbau erstmals im dritten Jahrhundert mit den Römern erwähnt. Der weinbauliche Niedergang kam im 17. und 18. Jahrhundert durch Kriege sowie das Einsetzen der industriellen Revolution. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts ging es wieder bergauf und heute deckt das Land bereits rund 45 Prozent seines Weinbedarfs wieder selbst – Tendenz steigend.

Auch in Sachen Qualität ist Tschechien mit seiner Produktion auf dem Vormarsch, was internationales Interesse weckt. Einer der großen Namen und Vordenker der tschechischen Weinszene ist Milos Michlovsky – Winzer, Dozent und Rebzüchter – der mit seinen Weinen des Guts Vinselekt Michlovsky seit Jahren erfolgreich an Wettbewerben, wie dem internationalen bioweinpreis, dem PAR Wine Award International oder den Vinalies Internationales Paris teilnimmt.

Michlovsky1Michlovskys Weingut liegt in Rakvice; die Rebflächen verteilen sich auf mehrere Weinbaugebiete und sind nicht nur hinsichtlich der Böden recht unterschiedlich. Miklovkys Forschergeist und seine Tätigkeit als Rebzüchter sind hier deutlich sichtbar, denn neben unterschiedlichen Anbaumethoden kommen auch eine Vielzahl von Rebsorten zum Einsatz – altbekannte sowie PIWIs und Neuzüchtungen, die er liebevoll seine „Kinder“ nennt.

Ein Interview über ökologischen Weinbau, Terroir, die Tschechen als vermeintliche Biertrinker und noch vieles vieles mehr…

Herr Michlovsky, Sie sind nicht nur der Gründer eines sehr erfolgreichen mährischen Weinguts; sie gelten auch als einer der führenden Weinbau-Experten Tschechiens. Können Sie uns sagen, wo ihre Faszination für die Rebe und ihren Anbau ursprünglich herkam?

MM: Der Weinbau und die Arbeit im Keller sind mein Job, meine Passion, mein Hobby….mein ein und alles! Und wenn ich etwas tue, dann tue ich es immer so gut ich kann.

Als Sie anfingen Vinselekt Michlovsky aufzubauen, hatten Sie bereits eine akademische Karriere. Wie kam es zu der Entscheidung, sich im Weinbau selbstständig zu machen und warum haben Sie anfangs hauptsächlich Trauben für die Schaumweinproduktion angebaut?

MM: Nach 1989 habe ich, auch auf universitärer Ebene, als Rebzüchter gearbeitet. Es ist unmöglich in Sachen Weinbau und Kellertechnik rein vom Lehrstuhl aus, sozusagen theoretisch, zu unterrichten. Man braucht auch praktische Erfahrung. Und damit man, wenn etwas schiefgeht oder die Produktqualität nicht gut genug ist, nicht sagen kann, es hat an mangelndem Equipment gelegen, muss man eben Geld verdienen um ebendieses Equipment zu kaufen.

Neun Ihrer 125 Hektar Rebfläche werden ökologisch bewirtschaftet; 5,5 Hektar sind gerade in der Zertifizierungsphase. Bauen Sie in ihren Bio-Weinbergen andere Sorten an, als in den nach der integrierten Methode bewirtschafteten und wenn ja, warum? Würden Sie sagen, dass dem ökologischen Weinbau die Zukunft gehört?

MM: Ein Mensch mit biologischer Ausbildung sollte großen Respekt und Anerkennung für die Natur haben, denn wir sind ein Teil von ihr. Deshalb betreiben wir auf unseren Flächen integrierten Weinbau und stellen höchste Ansprüche an die Qualität. Zudem ist ein Teil unserer Weinberge (mehr als 10 Prozent) ökologisch bewirtschaftet. Um Weine von höchster Qualität zu produzieren, benötigt man perfekt gereifte und absolut gesunde Trauben. Das ist der Grund warum die Herstellung von Bioprodukten mit der Vitis Vinifera eher unmöglich als möglich zu sein scheint. Daher setze ich diese Sorten in der integrierten Produktion ein. Für die Bioproduktion kultivieren wir neue Rebsorten, die eine hohe Resistenz gegenüber den meisten Schädlingen und Krankheiten aufweisen. Wir nutzen hauptsächlich neue Rebsorten aus unserem eigenen Zuchtprogramm, die besser an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind.

In Sachen Zukunft – Sie sind ja nicht nur Winzer, sondern auch einer der bekanntesten Rebzüchter Ihres Landes. Gibt es eine neue Sorte, die Sie besonders spannend finden?

MM: Wir haben viele spannende neue Rebsorten. Ich liebe sie alle, weil sie alle meine „Kinder“ sind. Es ist nicht mögliche eines mehr zu lieben als das andere.

Mit 18.500 Hektar Rebfläche ist Tschechien ein eher kleines Weinland und in der Wahrnehmung vieler sind die Tschechen immer noch eher Biertrinker. Tatsächlich hat die Qualität der Weine in den letzten Jahren konstant zugenommen und die internationale Nachfrage steigt. Würden Sie sagen, dass die Wahrnehmung sich langsam ändert? Und produzieren sie hauptsächlich für den tschechischen Markt oder verkaufen Sie Ihre Weine auch ins Ausland?

MM: Bier ist ein gutes Getränk. Aber Wein ist besser; sogar historisch gesehen ist es das ältere und „kultiviertere“ Getränk. Wein ist Kunst. Und der Homo Sapiens ist “Sapiens” weil er Kunst versteht und ohne sie nicht leben kann. Deshalb können schlaue Menschen ohne Wein nicht leben (lacht).

Die meisten unserer Weine werden hier in Tschechien getrunken. Wir exportieren nur fünf bis zehn Prozent. Ich folge der Philosophie, dass der Mensch nach Möglichkeit das essen und trinken sollte, was rund um die „eigene Feuerstelle“ wächst. Wie Darwin gesagt hat, „nur so ist der Mensch originär, nur so kann er seine „induzierte Resistenz“ bewahren und nur so hat der die Chance auf Entwicklung und Überleben“.

Sie legen einen sehr starken Fokus darauf, gesunde, qualitativ hochwertige und voll ausgereifte Trauben zu erhalten. Erzählen Sie uns ein wenig über Ihre Anbaumethoden und die Gründe für deren Einsatz…

MM: Wenn man über originäre und einzigartige Weine, wie Terroir-Weine, sprechen will, muss man die Rebstöcke so pflanzen, dass sie so tief wie nur möglich wurzeln können, da das der einzige Weg ist, mit der geringsten Einflussnahme das einzigartige, richtige Terroir zu erhalten. Eine hohe Pflanzdichte hilft, genau das zu sichern. Nur mit dieser Methode (High-density plantation) erhalten wir die ursprünglichste Mykorrhiza – eine Symbiose zwischen Wurzelwerk und Mikroorganismen, allen voran Bakterien und Pilze, und nur so erhalten wir das ursprünglichste Mikroklima in der Zone der überirdischen Pflanzenteile der Rebe – auch hier wieder mitsamt ihren Milliarden von Mikroorganismen –, die später gemeinsam mit einer bestimmten Rebsorte und einem bestimmten Winzer in der Lage sind, eine bestimmte, einzigartige Originalität zu erzeugen.

Man sagt, “Terroir” inkludiere nicht nur Boden und das Mikroklima, sondern auch die Rebsorte: Welche autochthonen Rebsorten kultivieren Sie?

MM: Mit seiner geografischen Lage und der Lage seiner Weinbaugebiete, war und ist Tschechien Teil der Region Zentraleuropa, die schon immer sehr vielseitig und, in Sachen Weinqualität, schon immer kompliziert war. Mit der Zeit wurde über die Wahl der Rebsorten nach und nach die Qualität gesteigert. Neben qualitativen (hauptsächlich französischen) Sorten, wie der Burgunderfamilie, Sauvignon Blanc, Merlot, Cabernet Sauvignon etc., gibt es auch andere Qualitätssorten, zum Beispiel Grüner Veltliner, Silvaner, Riesling italico, Blaufränkisch etc. Diese Sorten können wir gewissermaßen als die ertragreicheren „autochthonen“ Rebsorten Zentraleuropas bezeichnen. Und auf diesen Sorten liegt unser Hauptfokus.

Zu guter Letzt: Wenn ein Kunde aus, sagen wir Deutschland, nach dem Wein fragen würde, der den Geschmack Ihres Zuhauses repräsentiert; welcher wäre das und warum?

MM: Ich denke, es gibt zwei Weine die ganz typisch für unser “wine house” sind: Zum einen die saftig, trocken, fruchtig-frischen Weine und zum anderen die trockenen, komplexen, lange gereiften Weine (sowohl in hochwertigen Eichenholzfässern als auch in Flaschen), die man als „Große Weine“ bezeichnen kann. Im Falle der ersten Weingruppe, als der fruchtigen, saftigen, frischen und trockenen Weine, verarbeiten wir nicht nur die genannten Vitis Vinifera Sorten, sondern auch einige neue, darunter auch PIWIs, aus unserem eigenen Züchtungsprogramm (Savilon, Rinot, Vesna, Malverina, Laurot etc.).

Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Michlovsky! Wir freuen uns darauf, im Sommer ihre neuesten Bioweine verkosten zu dürfen.

Wer den Erfolg von Vinselekt Michlovsky weiter verfolgen möchte, wird demnächst beim internationalen bioweinpreis 2017 die Chance dazu haben. Mehr über Vinselekt Michlovsky erfahrt Ihr hier: http://en.michlovsky.com/