Noah’s Erbe und ein Heimkehrer mit Vision: Das Weinland Armenien…

…von den antiken Zeiten zur neuen Epoche des Weinbaus

Die Wurzeln des armenischen Weinbaus bringen uns zurück in die Zeit der Arche Noah, die auf dem biblischen Berg Ararat landete. Laut der Legende pflanzte Noah den ersten Rebstock am Fuß des heiligen Berges, als er nach der Flut  den Berg Ararat betrat: der Anfang der armenischen Weinbaugeschichte.

Weingärten des Weingut Van Ardi in der Provinz Aragazotn - (c) Van Ardi

Weingärten des Weingut Van Ardi in der Provinz Aragazotn – (c) Van Ardi

Die überlieferten Zeichnungen und Hieroglyphen bestätigen, dass Armenien in der Antike eines der am weitesten entwickelten Weinbauländer der alten Welt war und seine Weine sogar in Nachbarländer exportierte. Im Jahr 2010 entdeckte man bei Ausgrabungen in Areni (ca. 120 km südöstlich der Hauptstadt Yerevan, im Weinbaugebiet Wayotz Dzor) eine Kellerei, deren verstaubte Amphoren und vertrocknete Weinspuren bewiesen, dass Weinbau in Armenien schon vor über 6000 Jahren praktiziert wurde. Somit wäre es das bisher älteste Weinbauland der Welt.

Die Frage warum Armenien mit der Zeit seine Bedeutung als Weinbauland verlor und bis kürzlich weitgehend unbekannt war, liegt sicherlich an mehreren geschichtlichen Ereignissen und an seiner nicht einfachen Historie.

Im 20. Jahrhundert, als Mitgliedsstaat der Sowjetunion, wurde Armenien als Branntwein- Produzent bekannt. Der meiste Teil der Trauben wurden zu Jungwein verarbeitet und in der Folge zum Branntwein für die ganze Sowjetunion destilliert.  Der Begriff „armenischer Cognac“ etablierte sich und der gute Ruf des armenischen Brandys ist bis heute lebendig.

Zuvor, bis Ende des 20. Jahrhunderts, blieb der armenische Weinbau jedoch äußerst bedeutungslos und Wein gab es fast nur für den Eigenkonsum. Nach der Auflösung der Sowjetunion verfielen in Armenien viele Weinberge.

Die seit 1991 unabhängige Republik Armenien umfasst heute rund 17.000 Hektar Rebfläche. Die wichtigsten Weinanbaugebiete sind Wayotz Dzor (935 Hektar), Armavir (7.136 Hektar), Ararat (5.143 Hektar), Aragatsotn (1698 Hektar), Tavush (1.355 Hektar) und Artsakh. Trotz des trockenen kontinentalen Klimas und des Niederschlagsmangels bietet das Land ideale Bedingungen für den Weinbau. Die Weinberge erstrecken sich bis auf 2000 Meter Höhe.  Die Böden sind Reblaus-frei und die Reben werden wurzelecht (ungepropft) gepflanzt.

Auch bei Van Ardi sind autochthone Sorten im Anbau - (c) Van Ardi

Auch bei Van Ardi sind autochthone Sorten im Anbau – (c) Van Ardi

Die Besonderheit des armenischen Weins bestimmen auch die einheimischen Rebsorten. Die meist angebauten autochthonen Sorten sind z.B. Areni Noir, Kachet, Voskehat, Tozot, Haghtanak und Kharji. Der wichtigste und meistangebaute autochthone Rote ist Areni Noir. Sie bringt ihre besten Eigenschaften im gleichnamigen Ort Areni hervor, ein Dorf in der Weinbauregion Wayotz Dzor.

Die Neubelebung des armenischen Weinbaus begann Ende 90er Jahre. Seit 2003 wurden immer mehr Rebflächen rekultiviert und neue Weingüter gegründet. Die Winzer glauben fest an das große Potenzial des armenischen Weinbaus und sind bereit mit viel Mühe und Arbeit nicht nur alte Weinbautraditionen zu erwecken sondern auch ein würdiges Kulturland des Weines aufzubauen.

Ein leuchtendes Beispiel für diese Entwicklung ist das Weingut Van Ardi – gegründet im Jahr 2008 von Varuzhan Mouradian im Dorf Sasounik, Provinz Aragazotn – das trotz seiner sehr jungen Geschichte zu den renommiertesten Weingütern Armeniens zählt:

Herr Mouradian, nach einem langen Aufenthalt in Kalifornien mit Ihrer Familie haben Sie eines Tages entschieden in Ihre Heimat zurückzukehren und ein Weingut zu gründen. Wie kam es dazu?

V. Mouradian: Während ich in den USA lebte, stellte ich fest, dass mir meine Arbeit, die ich grundsätzlich im Büro verbrachte, trotz meines Erfolges und meiner guten Leistungen fremd geworden war. Ich wollte mich mit etwas beschäftigen, was mich fasziniert und eher schöpferisch ist. Und das ist für mich der Weinbau.

Warum genau in Armenien? Es hat mich immer interessiert, warum ein Ursprungsland des Weinbaus, dessen mehrtausendjährige Weinbaugeschichte aus diversen Gründen im Laufe der Jahrhunderte untergangen war, bis jüngst als ein Weinbauland nicht bekannt war. Ich fand, es ist Zeit das Rad der Geschichte zurück zu drehen und den Weinbau vom Staub der Jahrhunderte zu befreien.

 

 

 

 

 

 

 

Sie sind nicht nur der Besitzer des Weingutes, Sie machen Ihre Weine auch selbst. Wir haben erfahren, dass Sie als Önologe ein Quereinsteiger sind. Was hat Sie dazu inspiriert?

V. Mouradian: Obwohl ich kein Önologe war, hat Weinbau mich immer interessiert. Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als ich in unserer Garage Hauswein für meine Familie bereitete, was mir sehr viel Spaß machte. Die Traube und der Wein sind ein Teil der Natur; die Weinbereitung in sich ist ein vollkommen natürlicher Prozess. Es gab einen Augenblick, in dem es mir ein Bedürfnis war, mit der Natur und nach ihren Gesetzen zu leben und zu arbeiten, anstatt mit Steuergesetzen und der Buchhaltung.

Verraten Sie uns, wie der Name Van Ardi zustande kam?

Das Logo der Van Ardi Winery

Das Logo der Van Ardi Winery

V. Mouradian: Im alten armenisch bedeutet Van Ardi  „die Sonne von Van“. In der antiken Welt war das Königreich Urartu (bekannt auch als Königreich Van) als Weinbauland äußerst bekannt und hatte die Weine in die Nachbarländer Assyrien und Babylon exportiert. Die Zeichnung des Sonnengottes im Königreich Van, die uns durch Hieroglyphen überliefert ist, ziert nun das Wappen von Van Ardi.

Sie besitzen 9 Hektar Rebflächen, die mit autochthonen und internationalen Rebsorten bepflanzt sind. Welche autochthonen Rebsorten gibt es in Armenien und welche Vor-und Nachteile haben die auf dem internationalen Weinmarkt aus Ihrer Sicht?

V. Mouradian: Im Laufe der Zeit stellten wir fest, dass sich die internationalen Weinmärkte besonders für die autochthonen armenischen Rebsorten interessieren, wie Areni, Kachet, Voskehat, Haghtanak, Kangun, Khardji usw. Diese Rebsorten rufen neue Aromen hervor, die in der Weinwelt unbekannt sind. Es sind mehr als 400 armenische autochthone Sorten bekannt, aber mehrere davon sind mit der Zeit verloren gegangen. Heute haben wir nur wenige Rebsorten, die in der Tat sehr wertvoll für den Weinbau sind. Ich bin davon überzeugt, dass es mit wissenschaftlichen Bemühungen möglich wäre, viele der verlorenen heimischen Sorten zu retten und im Weinbau zu verwenden.

 

 

 

 

 

 

 

In kurzer Zeit haben Sie es unter die namhaftesten Weingüter Armeniens geschafft. Ihre Weine sind sehr beliebt und dank der Qualität auch im Ausland sehr geschätzt. Welche Länder halten Sie für interessant als Exportmarkt?

V. Mouradian: Ja, wir sind wirklich sehr froh, dass die Weine von Van Ardi so beliebt und gefragt sind – sowohl in Armenien als auch über die Grenzen hinaus. Als Exportmarkt interessieren uns alle Länder, in denen Wein als Getränk und Kulturgut geschätzt wird. Aus geschäftlicher Sicht relevant sind für uns diverse Märkte.

Herr Mouradian, Sie haben immer mehr ausländische Besucher auf Ihrem Weingut. Wie wichtig finden Sie die Entwicklung des Weintourismus für Armenien?

V. Mouradian: Wir sind davon überzeugt, dass der Weintourismus in Armenien ein untrennbarer Teil des Weinbaus ist und ein großes Potenzial hat, weil sich genau hier die geschichtlichen Fakten und die Legenden vereinigen, wie Noahs erste Rebpflanze am Berg Ararat, die 6000-jährige Kellerei in der Provinz Wayotz Dzor, die 5000-jährige Kellerei in Agarak und viele andere historische Funde und Fakten zu Weinbau und -kultur. Sicherlich wird der Erfolg nicht lange auf sich nicht warten lassen, wenn wir all diese Aspekte berücksichtigen und die große Geschichte des armenischen Weinbaus in der Gegenwart gut darstellen können.

Varuzhan Mouradian - (c) Van Ardi

Varuzhan Mouradian – (c) Van Ardi

Im Hinblick auf die letzten 10 Jahre erlebt der armenische Weinbau eine intensive Entwicklungsphase, was die steigende Qualität der Weine anbelangt. Trotz der begrenzten Land-Ressourcen – wo sehen Sie Armenien in der nahen Zukunft als traditionelles Weinbauland?

V. Mouradian: Erlauben Sie mir bitte zu dieser Meinung der begrenzten Landressourcen einen Einwand: Meiner Meinung nach sind in Armenien genug geografische, klimatische und menschliche Ressourcen vorhanden, um in den nächsten 10 Jahren einen weiteren großen Sprung zu schaffen, wie wir ihn in den letzten 5 Jahren erlebt haben. Natürlich wird es sehr viel Mühe und Arbeit kosten, aber es ist für mich und für meine Kollegen eher eine angenehme Lebensart als eine Arbeit.

Wir bedanken uns bei Herrn Mouradian ganz herzlich für seine Zeit und das spannende Gespräch!

Wie die Weine von Van Ardi beim PAR Wine Award International abschneiden, erfahrt Ihr in Kürze hier im WINE System Blog und unter www.par-wineaward.com.

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag unserer geschätzten Kollegin und Weinfachberaterin Satenik Samvelyan. Sie stammt aus Armenien, lebt seit 2010 in Deutschland und ist im Vertrieb der Consigliovini Weinhandelsagentur in Düsseldorf tätig.